Die Arbeiten zur grundlegenden Neugestaltung des Marktplatzes haben begonnen. In diesem Zuge wird auch der Hang unter der Stadtkirche St. Georg zu einem erheblichen Teil abgetragen und neu angelegt. Damit stellte sich die Frage, wo das Ehrenmal für die Opfer der Kriege einen neuen Platz finden soll.

„Es war eine Frage, die in der Phase der Planung sehr diskutiert wurde“, erklärt Stadtplanerin Christine Schirmer. Der Vorschlag, das Ehrenmal auf den Friedhof umzusetzen, wurde recht schnell wieder verworfen. „Man war sich einig, dass es zum Marktplatz gehört, wo es alle sehen können“, sagt Christine Schirmer.

Nicht nur gut sichtbar sollte das Ehrenmal am neuen Standort sein. Es sollte auch weiterhin möglich sein, etwa am Volkstrauertag dort Kränze niederzulegen und Gedenkfeiern auszurichten. So fiel die Wahl auf einen Platz weiter oben am Hang, näher an der Kirche. „Es wird eine Zuwegung gebaut und der Platz so gestaltet, dass Raum für die Gedenkfeiern da ist“, erklärt Christine Schirmer. Und vor allem wird das Ehrenmal dann auch gut vom Marktplatz aus zu sehen sein.

Dass der Darstellung so viel Beachtung geschenkt wurde, hat auch mit der Geschichte des Ehrenmals zu tun, das in den Jahren 1953/54 von Gustav Reißmann gestaltet wurde. Es steht unter dem Motto „Ums nackte Leben“ und zeigt drei Gestalten, die zum Teil verwundet sind. So soll der Schrecken des Krieges ausgedrückt werden. Auf dem Sockel steht die Widmung „Den Opfern“. Damit werden nicht nur die gefallenen Soldaten einbezogen, sondern alle Menschen, die durch den Krieg getötet, verwundet oder vertrieben wurden.

Werk eines Neustadters Der Künstler war ein Sohn der Stadt. Seine Eltern waren der Bossierer Carl Moritz Reißmann und Maria Ernestine, eine geborene Dorn. Sohn Gustav, der 1887 zur Welt kam, besuchte zunächst die Volksschule und dann die Industrie- und Gewerbeschule in Neustadt. Ab 1905 vertiefte er seine Ausbildung in Dresden, wo er drei Jahre lang die Kunstgewerbeschule besuchte, bis er 1908 in die Akademie der Bildenden Künste aufgenommen wurde.

Der Erste Weltkrieg unterbrach sein Schaffen. Er wurde Soldat und kehrte als Leutnant aus dem Krieg zurück. In den folgenden Jahren musste er zunächst ein Lungenleiden auskurieren, bevor er sich in Dresden ein eigenes Atelier aufbaute. Reißmann fand Anerkennung für seine Kunst und erreichte auch wirtschaftlich einen gewissen Erfolg. Als Dresden im Februar 1945 durch Luftangriffe völlig zerstört wurde, verlor Gustav Reißmann seinen gesamten Besitz. Er kehrte in seine Heimatstadt Neustadt zurück und schuf hier vor allem Figuren für die heimische Spielwarenindustrie sowie Kleinplastiken und Reliefs.

Den Auftrag für das Ehrenmal konnte er nicht mehr selbst umsetzen. Gustav Reißmann starb im Januar 1954. Nach seinen Entwürfen vollendete Wilhelm Neuhäuser das Ehrenmal. Die Einweihung fand am 14. November 1954 statt. Auch das Ehrenmal für die Gefallenen im Stadtteil Haarbrücken ist eine Arbeit von Gustav Reißmann und ebenso die Plastik „Maurer“ in der Krieger-Gedächtnissiedlung. Bekanntere Werke finden sich in Dresden und anderen ostdeutschen Städten. Etwa ein Relief am Königsufer in Dresden oder ein Zierbrunnen im Kurpark der Stadt. Im Erzgebirge gestaltete Reißmann ein Erinnerungsmal für die Opfer einer Überschwemmungskatastrophe im Jahr 1927.

Rainer Lutz, CT

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